Untersuchungskommission – Geldregen für türkisen Verein im roten Wien mit grüner Zustimmung – Magistrat hält Akten zurück
In der Sitzung der Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderates zur Förderung von parteinahen Vereinen am Donnerstag, die diese Woche endlich wieder ihre Tätigkeit aufgenommen hat, wurde abermals der ÖVP Verein Modern Society (vormals Karl Lueger Institut) behandelt, diesmal waren die prominenten Obleute des Vereines geladen (ua BM Blümel).

Fehlende Aktenlieferung des Magistrates
Im Vorfeld zu dieser Sitzung wurden mittels einstimmigen Beschlusses der Kommission sämtliche Akten und Aktenteile des Magistrates, die mit der Gewährung und Abrechnung von Fördergeldern an diesen Verein im Zusammenhang stehen, angefordert. Bei den von der Kommission angeforderten Akten fehlen jedoch die jeweiligen Förderanträge des Vereins, der im Zeitraum von 2012-2018 mit insgesamt: 391.042,– € gefördert wurde: in sämtlichen, den Kommissionsmitgliedern übermittelten Akten für die Förderjahre 2012 -2018 ist weder ein schriftlicher Antrag des Subventionsnehmers noch ein Aktenvermerk oder ein Protokoll über einen allenfalls mündlich gestellten Antrag zu finden. Vorgelegt wurden lediglich die „Geschäftsstücke“.
Dazu ist es angebracht, die ziemlich kuriose und intransparente Aktenvorlage in den jeweiligen Ausschüssen, die über Förderanträge zu befinden haben, zu erklären: Grundlage der Beschlussfassung im Ausschuss bzw. in der Gemeinderatssitzung ist nur das sogenannte „Geschäftsstück“, welches von der zuständigen Magistratsabteilung vorgelegt wird; vgl.: § 10 (3) Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien: „Jedes Mitglied des Gemeinderates hat das Recht auf Einsichtnahme in jene Geschäftsstücke, die auf Grund der bekannt gegebenen Tagesordnung (Abs. 2) dem Gemeinderat vorliegen.“.
Den Inhalt dieses Geschäftsstückes definiert ausschließlich die zuständige Magistratsabteilung – die dem Inhalt zugrundliegenden Aktenstücke sind dem Gemeinderat nicht einsichtig – klingt komisch, ist aber so.
Es liegt also vollkommen im Gutdünken der Magistratsabteilung, was dem Gemeinderat vorgelegt wird oder auch nicht. Bei den gegenständlichen Subventionen beschränkte sich die Information des Magistrates beim jährlichen Geschäftsstück auf den Betrag, den Rechtsträger und ein paar Zeilen sehr allgemeines Blabla, was dieser Verein veranstaltet. Konkrete Informationen oder auch der Antrag des subventionsbegehrenden Vereins kommen nicht vor.
Daher hat die Untersuchungskommission eben alle Akten- und Aktenteile angefordert, die Untersuchungskommission hat als untersuchende Behörde weitergehende Akteneinsicht, als der Ausschuss.
Für das Fehlen der Anträge in den übermittelten Unterlagen an die Kommission kann es nur 2 Erklärungen geben: entweder hat der Verein nie einen Förderantrag gestellt und hat die Förderung ohne eigenes Begehren trotzdem bekommen – oder der Magistrat hat der Untersuchungskommission die entsprechenden Unterlagen schlichtweg vorenthalten.
Nachdem die befragten Zeugen und Obmänner des Vereines, Abgeordneter Juraczka, Bundesminister Blüml und der vormalige JVP-Obmann Markus Krohier, jeweils mitteilten, dass es sehr wohl schriftliche Förderanträge des Vereins gegeben habe, ist davon auszugehen, dass der Magistrat die Unterlagen nicht geschickt hat – was eine Ungeheuerlichkeit darstellt – man stelle sich vor, ein Ministerium unterschlägt einem U-Ausschuss im Nationalrat wesentliche Aktenteile – da gäbe es zu Recht (auch medialen) Wirbel. Es fehlen übrigens auch teilweise die laut Zeugen jedes Jahr vorgelegten Tätigkeitsberichte des Vereines in den vom Magistrat vorgelegten Unterlagen.
Wie die Gemeinderäte im Ausschuss und jetzt im Zuge der Untersuchungskommission die Beurteilung des Förderzieles und der Erreichung dieses Zieles vornehmen sollen, ohne die zugrundeliegenden Anträge des Förderwerbers zu kennen, bleibt dahingestellt. Der Vorsitzende der Kommission hat die Urgenz der fehlenden Unterlagen versprochen.
Türkise Querfinanzierungen mit rotgrüner Absegnung
Bei Modern Society handelt sich übrigens um den Verein, bei dem tausende Euro als Spende für die ÖVP dem Rechnungshof nachgemeldet werden musste – siehe dazu: https://www.diepresse.com/5658306/rechnungshof-verdacht-unzulassiger-spenden-bei-ovp-und-spo Dem Rechnungshof wurde 2019 von der ÖVP zu spät gemeldet, dass eine Spende von diesem Verein an die Partei erfolgte. Wie diese erfolgt ist, kann man in einem „Kurier“-Artikel nachlesen: https://kurier.at/wirtschaft/ein-oevp-verein-und-eine-fiktive-spende/400550168
Demnach hat der Verein der ÖVP Mietobjekte günstig überlassen und dafür nur eine geringe Miete verlangt. Nach einer Berechnung in einem Gutachten beträgt die entgangene Miete bei marktüblicher Bestandgabe 22.939 Euro; das ist also der Betrag, den sich die ÖVP dadurch erspart hat.
Die gewählte Vorgangsweise wird inzwischen auf ihre Legalität behördlich überprüft, auf die Ergebnisse darf man gespannt sein.
Bezeichnend für die Doppelförderung an die ÖVP über den Verein Modern Society ist auch die Position mit dem Datum 2.9., die in der Einnahmen/Ausgaben-Rechnung für das Jahr 2017 geschwärzt wurde und 19.999,79 € ausmacht – wenn man sich den auf der Homepage ausgewiesenen Tätigkeitsbericht für dieses Jahr zu Gemüte führt, dann kann man nachlesen, wofür das Geld verwendet wurde: nämlich für die Beteiligung am Stadtfest Wien – der natürlich auch extra gefördert wird und noch Thema in der Untersuchungskommission sein wird. Im Tätigkeitsbericht wird von einem besonderer „Anreiz“ bei der Beteiligung am Stadtfest berichtet – ÖVP Nationalrat Gerstl wurde beim Stand beherbergt und durfte als Detektiv verkleidet die Besucher bespaßen.
Erstaunlich in den Stellungnahmen der Zeugen ist auch die zugestandene Tatsache, dass der Verein regelmäßig falsche Bilanzen und Einnahmen/Ausgabenrechnungen vorgelegt hat. Die von allen Zeugen bestätigten Einnahmen aus der Überlassungen der vereinseigenen Objekte an ÖVP Organisationen sind weder in der Einnahmen/Ausgaben-Rechnung noch in den Gewinn und Verlustrechnungen korrekt ausgewiesen – dabei ist der vormalige Präsident des Vereins nunmehriger Bundesminister für Finanzen und der jetzige Präsident Vertragsbediensteter in eben diesem Ministerium, da sollte man die Kompetenz der richtigen Abrechnung eigentlich voraussetzen können.
Wir halten also fest: dieser ÖVP-Verein mit einschlägigen Funktionären wird von der rotgrün – geführten Stadt Wien mit einem warmen Geldregen bedacht, obwohl
1) daneben ja auch noch die Parteienförderung, Klubförderung und Akademieförderung rieselt. Was der Verein noch so macht, wird in den Ein- und Ausgabenrechnungen dargestellt – siehe zB 2017: Seminar Kommunalpolitik, Studie Urbane Wahlkämpfe, Diskussionsveranstaltung mit der Schülerunion usw. – also klassische Themen, die auch schon über die Parteien – bzw. Akademieförderung in Wien gefördert werden.
2) der Verein der ÖVP durch günstige Überlassung von Objekten einen direkten geldwerten Vorteil zukommen lässt.
Und die Gemeinderäte, die diese Förderung beschließen sollen, kannten nicht einmal den Förderantrag – trotzdem ließ` sich der zuständige Stadtrat Hanke in der letzten Sitzung auf meinen Vorhalt zu folgender Aussage hinreißen: „…Ich darf vielleicht eines dazu sagen, und die Damen und Herren wissen das eigentlich durch unsere politische Arbeit, dass mir das sehr wichtig ist, dass Transparenz, Offenheit und Klarheit für mich wirklich etwas ist, was nicht mit dem Mund …, sondern gelebt werden muss. …..“
Ehrlicher wäre gewesen, diese Sache auf den Punkt zu bringen: durch den Förderautomatismus für die ÖVP will sich die SPÖ die Türkisen warmhalten – und die Grünen spielen mit.
Zur Ehrenrettung des Herrn Stadtrat Hanke sei fairerweise angemerkt, dass in der letzten Gemeinderatssitzung schriftliche Förderrichtlinien der MA 5 dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt wurden – die gab es bisher auch nicht…. Die FPÖ hat dazu einen Abänderungsantrag eingebracht und den Richtlinien zugestimmt – erfreulicherweise wirkt also unsere Untersuchungskommission!
Ein weiteres Ergebnis der Untersuchungskommission muss sein, dass die Gemeinderäte in Zukunft in alle Aktenstücke schon vorab Akteneinsicht haben, nicht nur in das willkürliche Geschäftsstück – so etwas nennt sich Transparenz – aber die ist leider nicht gerade die beste Freundin von Rotgrün…